Die Sommermonate Juli – September 2017 waren für die Bad Aiblinger SPD eine wirklich ereignisreiche, aktive Zeit.
Veranstaltung am 4.7. mit Dr. Michael Reuss
Begonnen hatte es damit, dass uns der Krisenkoordinator für die Magrebstaaten im Auswärtigen Amt, Dr. Michael Reuss, der als klassischer Sherpa der Bundesregierung und des Außenministers für Verhandlungen in Krisengebieten seit vielen Jahren bezeichnet werden kann, am Donnerstag dem 29. Juni mitteilte, dass er am Montag oder Dienstag der kommenden Woche für ein Referat zur Verfügung stünde. Dies jedoch ohne dass Fotos von ihm gemacht werden dürften oder er wörtlich zitiert werden könne, da er kein offizielles Mandat habe für die Regierung zu sprechen.
Anhand der kurzen Vorlaufzeit hatte ich zur Veranstaltung an einem wirklich heißen 4. Juli im Hotel Johannisbad lediglich mit einer Handvoll Leute gerechnet. Dann aber stellte sich heraus, dass den Leuten das Thema Flüchtlinge, die über das Mittelmeer kommen, und die Verhandlungen der Bundesregierung mit den nordafrikanischen Mittelmeeranrainern wirklich auf den Nägeln brennt; z:T. aus humanitären Gründen zum Teil aus Angst vor neuerlich großen Flüchtlingsströmen, bei Allen wohl in der Hoffnung auf eine Stabilisierung in den Ländern des „arabischen Frühlings“. Jedenfalls war es die bestbesuchte Veranstaltung der Bad Aiblinger SPD seit einigen Jahren. Dass wir damit den richtigen Riecher bewiesen hatten, zeigte sich an einer genauso vollen Veranstaltung eine Woche später zum gleichen Thema mit Franz Maget in Holzkirchen und daran, dass ebenfalls wenige Tage später der Kanzlerkandidat Martin Schulz das Thema in den Wahlkampf brachte. Nun könnte man natürlich trefflich darüber diskutieren ob diese Diskussion erst nochmal Wind in die Segel der AFD geblasen hat. Aber ich halte es für längerfristig gefährlicher solche Themen aus Gründen der political correctnes auszublenden und ganz den Rechtspopulisten zu überlassen.
Spitzendiplomat Dr. Reuss (parteilos) hatte keine wirklich guten Nachrichten für uns (Dass der Mittelmeerflüchtlingsstrom derzeit abgeebbt ist, weil die italienische Regierung, evtl. auch die EU ohne aus der Deckung zu kommen, lybischen Regionalfürsten bzw. Warlords eine Menge Geld dafür zahlt, die Flüchtlinge an der Weiterreise zu hindern, war zu dem Zeitpunkt noch nicht bekannt). Er berichtete darüber, dass die Bevölkerungszahlen in den südlich der Sahara gelegenen afrikanischen Ländern, aber auch den nordafrikanischen Mittelmeeranrainern exponentiell weiter zunähmen, ohne dass es irgendeine Arbeitsperspektive für die extrem junge Bevölkerung gäbe. Diese wäre praktisch gezwungen ihr Glück in der Fremde zu suchen. Die Verhandlungen mit Ägypten, das auf mehr Ansiedlung europäischer Industriefirmen bestünde, und Lybien, das derzeit völlig ohne Struktur sei, gestalteten sich so schwierig, dass keine Lösung in diesen Staaten zur Eindämmung der Flüchtlingsströme und einer evtl. Vorregistrierung oder kontrollierten Einwanderung aus den nordafrikanischen Staaten in Sicht sei.
Max Mannheimer Straßeneinweihung mit Högnerpreisträgerin Dr. hc. Barbara Distel, Schulleitern und regionaler Politikprominenz am 26. Juli
Wenn es ein Beispiel dafür gibt, dass man auch als lokale Oppositionspartei mit einiger Beharrlichkeit viel erreichen kann, dann war dies die Straßenbenennung der Schulzentrumsstraße nach Max Mannheimer an einem kalten und regnerischen 26. Juli in Anwesenheit des gesamten SPD Stadtrats (deutliche Mehrheit der Stadträte an diesem Tag, von CSU Seite nur Familie Schwaller und 2. Bgm. Kühnel anwesend), MdEP Maria Noichl, stellv. Landrätin Alexandra Burgmaier, Högnerpreisträgerin und langjähriger Leiterin der Gedenkstätte Dachau Dr.hc. Barbara Distel, Regionalarbeitsgruppenvorsitzende von „Gegen Vergessen“ Ilse Macek und Münchner SPD Stadträtin a.D. Gaby Schmidt-Mass u.a.
Dem überraschenden Vorstoß von Stadtrat Richard Lechner im Bauausschuss war ja die beschämende Ablehnung und Diskussion im Stadtrat gefolgt, die Bad Aibling nach dem Zugunglück gleich das zweite Mal in die nationalen Negativschlagzeilen brachte. Mein Hilfegesuch an Hans Jochen Vogel, Barbara Stamm und Thomas Goppel, die sich bei der Stadt meldeten, als auch die umfangreiche Medienberichterstattung trug dann schließlich zu der Namensgebung der Schulzentrumsstraße bei. Diese wollte leider die Stadtverwaltung in aller Stille über die Bühne bringen (mit Einladungen an den Stadtrat 5 Tage vor dem Ereignis), um nicht noch einmal Pressemeldungen zu bekommen, die an das unwürdige Schauspiel vorher erinnern könnten. Dem habe ich dann als OV Vorsitzender einen Strich durch die Rechnung gemacht, als ich nach einer längeren heftig, aber fair geführten Diskussion mit Bürgermeister Schwaller darauf bestand, den Verein „Gegen Vergessen“ in die Einweihungszeremonie zu integrieren und mehrere Presseaktivitäten startete u.a. mit der Interviewvermittlung von Dr. Distel als Wegbegleiterin Mannheimers im OVB sowie dann auch eine Einladungsmail an alle SPD Mitglieder im Bundeswahlkreis aussandte.
Runde Geburtstage Renate Seidel, Rudi Hofschneider und Altbürgermeister Werner Keitz
Ende Juli hatten zwei unserer besonders Aktiven Genossen runde Geburtstage. Die eine Renate Seidel, unsere Revisorin, hatte einen Geburtstag im schon etwas fortgeschrittenen Erwachsenenalter und unser Kassier und Stadtrat Rudi Hofschneider den quasi unweigerlich letzten Geburtstag im fortgeschrittenen Teeniealter. Der Ortsverein bedankte sich bei beiden mit Blumensträußen, auf dass sie dem Ortsverein noch lange Zeit wohl gesonnen und weiter so aktiv dabei sind.
Bundestagswahlkampf
Der engagiert geführte Bundestagswahlkampf unseres Ortvereins trägt im Wesentlichen einen Namen: Karl Semsch. Karl hatte den depperten Plakatabreissern, nachdem es zunächst zu Verwirrungen um Peter Sauter gekommen war, der unbefugt und ohne jegliche Aufforderung als ausgetretenes Parteimitglied sich bei dem Wahlkampfteam Abuzar Erdogans gemeldet, sich als Plakatkleber des Ortvereins ausgegeben und dann auch den ersten Schwung Plakate ausgehändigt bekommen hatte, bis zur letzen Minute stoische bayerische Beharrlichkeit entgegenzusetzen und ersetzte die abgerissenen Plakate durch neu abgeholte Plakate immer wieder. Abuzar war in unserem Ort wirklich gut plakatiert ungeachtet vorheriger Skepsis in unserem OV an seiner Kandidatur.
Am 15.9. positionierten wir unseren erstaunlich gut besuchten Infostand, sogar Bgm. Schwaller stattete uns einen Besuch ab, zur Bundestagswahl vor dem Rathaus am Marienplatz. Unser Werbematerialen waren nach vier Stunden komplett aufgebraucht und unsere Füße kalt. Vielen Dank für die Unterstützung an meine Familie, Petra Keitz und Richard Lechner (siehe Bilder). Die Passanten waren alle freundlich und es gab sehr positive Diskussionen mit einigen Besuchern zu Sozialthemen, die ja leider im Kampawahlkampf zu kurz kamen.
Bundestagswahlkampfabschlussveranstaltung am 15.9. mit ASG Landesvorsitzendem der ASG Bayern Dr. Armin Rüger
Am Abend des ereignisreichen 15.9. fand sich dann nur noch ein kleines Häuflein getreuer Genoss(inn)en im Johannisbad ein, um unter Armin Rügers und meiner Moderation die Wahlprogramme der Parteien in Hinsicht auf das Thema Gesundheit zu vergleichen. Dennoch ergab sich eine spannende Diskussion, an der auch MdEP Maria Noichl teilnahm (siehe Bild). Das positive Fazit von Dr. Rüger war, dass noch nie so viel und differenzierte Gesundheitsprogrammatik ins Wahlprogramm Eingang gefunden hatte. Die Ausarbeitung der Friedrich Ebertstiftung und der ASG zur Bürgerversicherung wurde weitestgehend ins Wahlprogramm übernommen. Leider muss man nach der Wahl und nach den verschiedenen Fernsehdiskussionen sagen, dass offensichtlich die Inhalte des Wahlprogramms in vielen Bereichen von der Kampa im Willy Brandt Haus nicht in den Wahlkampf einbezogen wurden, bzw. Martin Schulz ausreichend instruiert. Offensichtlich hat das Kampateam über kein eigenes Expertenwissen und das Verstehen des eigenen Wahlprogramms verfügt.
Bundestagswahl
Danke gilt es erst einmal den Genoss(inn)en zu sagen, die als freiwillige Wahlhelfer Bürgerpflicht bewiesen haben und unter nicht ganz einfachen Umständen (Störung durch sogenannte AFD Wahlbeobachter) ihren Dienst in den Wahllokalen versehen haben.
Bei der Wahl selbst haben wir in Bad Aibling mit rund 12% Erst und Zweitstimmen trotz des insgesamt katastrophalen Ergebnisses im BWK Rosenheim noch einigermaßen im „oberen Drittel“ abgeschnitten und die AFD konnte trotz ihres aus Aibling stammenden Kandidaten nicht mehr als gut 13% erreichen. Die Vermeidung eines totalen Absturzes im Vergleich zu unserer Nachbarstadt Kolbermoor, die SPD regierte Stadt lag mit 13,3% nur noch knapp vor uns und weiter hinter der AFD mit über 17% ist auch der Präsenz unseres Ortsvereins in Bad Aibling zu verdanken. Solange demokratische Parteien und ihre Mitglieder durch Aktivität innerhalb und außerhalb der Politik (Vereine, Beruf, Soziale Organisationen) wahr genommen werden, können populistische radikale Parteien nicht so gut Fuß fassen.
Dennoch muss sich wahrhaft einiges ändern in der SPD, z.B. mehr Transparenz bei Personalentscheidungen und eine bessere Einbindung aller Mitglieder und auch der Bevölkerung in programmatische Entscheidungen. Opposition alleine ist kein Heilmittel, das der SPD steigende Wahlergebnisse in vier Jahren oder nächstes Jahr bei der Landtagswahl garantiert. Denn es kann durchaus sein, dass die kommende Jamaikakoalition wie in Hessen (Schwarz-Grün) oder Schleswig Holstein (Jamaika) relativ geräuschlos regiert und nicht so leicht attackierbar ist wie sich das Andrea Nahles vorstellt („auf die Fresse“: diese Ausdrucksweisen und Kraftausdrücke sollten eigentlich der AFD vorbehalten bleiben und unter Demokraten öffentlich nicht geäussert werden).
Über die Konsequenzen aus der BT Wahl auch für unsere Arbeit auf lokaler Ebene möchte ich gerne mit Euch allen auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung vor der Jahreswende diskutieren evtl. zusammen mit einem prominentem Genossen. Dort wird es dann auch Informationen dazu geben inwieweit die fehlenden Gelder, die wir auf der Jahreshauptversammlung berichtet haben wieder in unsere Ortsvereinskasse zurückgeflossen sind.
Freundschaft Euer
Niki Netzer
OV Vorsitzender