111 Jahre SPD Bad Aibling

Ortsvereinsvorsitzender Prof. Dr. Nikolaus Netzer (links) mit dem Festredner Prof. Dr. Bernd Faulenbach bei der 111 Jahrfeier der SPD Bad Aibling im Hotel St. Georg

09. April 2019

Festredner Prof. Bernd Faulenbach betont die Initiative der Sozialdemokraten für die Geburt und Entwicklung der Demokratie in Deutschland

Die Bad Aiblinger SPD wurde offiziell am 18. Januar 1908 gegründet. Sie ist damit auch in Bad Aibling die älteste örtliche Niederlassung einer politischen Partei. 111 Jahre nach der Gründung lud der Ortsverein zu einem unrunden, aber immerhin denkwürdigem Jubiläum ein. 1998 hatte der Ortsverein sein 90jähriges Jubiläum mit einer Feier und Festschrift begangen, aber der runde 100er Geburtstag wurde aus heute nicht mehr bekannten Gründen nicht begangen. Altbürgermeister Dr. Werner Keitz hatte den Ortsvereinsvorsitzenden Prof. Dr. Netzer bereits vorletztes Jahr darauf aufmerksam gemacht, dass eigentlich ein Jubiläum anstünde, aber in den Grokobildungswirren vor einem Jahr schien eine Jubiläumsfeier nicht opportun. Diese wurde jetzt vom SPD Ortsverein im Hotel St. Georg mit dem Festredner und Historiker Prof. Dr. Bernd Faulenbach aus Bochum, dem langjährigen Vorsitzenden der historischen Kommission der SPD und Nachfolger von Altbundespräsident Joachim Gauck als Vorsitzender von Gegen Vergessen für Demokratie e.V., nachgeholt.

Da der Ortsvereinsvorsitzende Nikolaus Netzer die Veranstaltung nicht als parteipolitisches Treffen, sondern als überparteiliche Feier der Errungenschaften und zum Erhalt der Demokratie verstanden wissen wollte, wurden auch Stadträte und Bürgermeister aus anderen demokratischen Parteien zum Jubiläum eingeladen. 2. Bürgermeister Erwin Kühnel kam als Vertreter von 1. Bürgermeister Felix Schwaller und der CSU, Fraktionssprecher Rudolf Gebhardt und Jugendreferentin Irmengard Ranner-Sobihardt waren als Vertreter der ÜWG da.

Zum Jubiläum kamen außerdem der Bundestagsabgeordnete Florian Post (SPD), die stellvertretende Landrätin Alexandra Burgmaier (SPD) und alle SPD Ortvereinsvorsitzenden der Nachbargemeinden (Großkarolinenfeld, Bruckmühl, Bad Feilnbach und Feldkirchen-Westerham) und gratulierten. Bundestagsabgeordneter Florian Post ging neben tagespolitischen Gesichtspunkten in seiner Grußrede darauf ein, dass durchaus Chancen bestünden viele Wähler von populistischen zu den demokratischen Parteien zurückzuholen, wenn man auf diese Leute zugehen, ihre auch lokalen Alltagssorgen und –nöte ernst nehmen würde und konkrete Hilfe anbieten. Er meinte hierbei insbesondere Wähler in den Hochburgen populistischer Parteien im Osten des Landes und nannte speziell das Beispiel Mecklenburg- Vorpommern, wo es der SPD gelungen war mit lokalen Initiativen mit konkreten Hilfsangeboten für eine bessere Infrastruktur viele Wähler der AFD wieder größtenteils zur SPD, der CDU und den Grünen zurückzuholen. Es sei ihm, Florian Post, dann auch erst in zweiter Linie wichtig SPD Wähler zu gewinnen, sondern jede Stimme für eine demokratische Partei sei eine zum Erhalt der Demokratie.

Bundestagsabgeordneter Florian Post bei der 111 Jahrfeier der SPD Bad Aibling
Bundestagsabgeordneter Florian Post bei der 111 Jahrfeier der SPD Bad Aibling

Der Festredner Prof. Faulenbach begann seine fesselnde Rede damit, dass die Anmeldung der Zahlstelle der SPD bei der Aiblinger Polizeistelle durch den Bierbrauer Josef Hadersbeck am 18. Januar 1908 kein Zufall gewesen sei, sondern dieses Datum absichtlich als Kontrapunkt zur Installation der Monarchie im von Bismarck neugegründeten Deutschen Reich 1871 mit der Inthronisation Wilhelm I. am 18. Januar 1871, gewählt worden sei. Fortschrittliche Kräfte in Deutschland hatten seit der Revolution von 1848 darauf gehofft, dass mit der Gründung des Deutschen Reiches 1871 die parlamentarische Demokratie Einzug halten würde und waren dann enttäuscht als zunächst wieder eine Monarchie zementiert wurde. Die Gründerliste in Bad Aibling seit typisch für die frühe SPD gewesen, die sich eher aus dem Mittelstand und Handwerkern bildete denn aus der Industriearbeiterschaft bzw. dem Proletariat. Dieser Schulterschluss mit den Gewerkschaften und den Industriearbeitern kam erst so richtig nach dem 1. Weltkrieg. Im landwirtschaftlich orientierten Bayern noch später. Anders als in anderen Teilen Deutschlands sei die bayerische SPD immer sehr föderalistisch orientiert gewesen und um die Eigenständigkeit Bayerns bemüht, im Zweifelsfalle auch durch innerparteiliche Abstimmungen gegen Genossen aus anderen Landesbezirken der Partei. Der unermüdliche Kampf für die Demokratie gegen eine absolutistische Monarchie, gegen den Faschismus, aber auch gegen eine kommunistische Alleinherrschaft, der seinen Höhepunkt in der für viele Sozialdemokraten lebensbedrohenden Abstimmung der SPD Reichstagsabgeordneten gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz fand, war und ist historisch gesehen das verbindende Element der Volkspartei und ihre größte Leistung. Dass Deutschland seit 1918 nur unterbrochen von 12 Jahren Naziherrschaft eine föderale parlamentarische Demokratie besitzt sei das Hauptverdienst der Partei, das auch von den meisten herausgehobenen Vertretern anderer demokratischer Parteien so anerkannt werde. Das Bestreben um den Erhalt der Demokratie verbunden mit einem humanistischen Weltbild und einem Streben nach Gerechtigkeit und Gleichberechtigung für beide Geschlechter und alle Bevölkerungsgruppen sei in der SPD das verbindende Element für die Mitglieder der Partei, die von je her aus allen Bildungsschichten und sozialen Schichten gekommen seien. Eine reine Arbeiterpartei, oder Partei des Proletariats, so Faulenbach, wäre die SPD nie gewesen, auch wenn ihr diese Bezeichnung angeheftet worden sei und manche Teile der Partei sich gerne als solche sehen würden. Die SPD habe im Laufe ihrer langen Geschichte auch Fehler gemacht, schwerwiegend z.B. die Teilung zu Beginn der Weimarer Republik in SPD und USPD, und viele schwere Krisen durchgestanden, am schwerwiegendsten die Verfolgung in der Monarchie und später durch die Nationalsozialisten, sie habe aber immer wieder zu ihrer gesellschaftsbildenden Rolle zurückgefunden. Hier bleibe die Zuversicht, so der Historiker, dass aktuelle und zukünftige Führungen der Partei sich auch durch die früheren geschichtlichen Prozesse der Partei in ihrem Tun leiten ließen, um der Partei eine tragende Rolle in der deutschen Demokratie zu erhalten.

Ortsvereinsvorsitzender Prof. Dr. Nikolaus Netzer (links) mit dem Festredner Prof. Dr. Bernd Faulenbach bei der 111 Jahrfeier der SPD Bad Aibling im Hotel St. Georg
Ortsvereinsvorsitzender Prof. Dr. Nikolaus Netzer (links) mit dem Festredner Prof. Dr. Bernd Faulenbach bei der 111 Jahrfeier der SPD Bad Aibling im Hotel St. Georg

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